Mit dem Jahr 2001 begann für die Steirische Hagelabwehrgenossenschaft eine neue Ära im Bereich der Hagelabwehrtechnologie. Die bis dahin verwendeten Hagelbrenner hatten ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis gestellt, waren jedoch veraltet und mussten durch moderne Geräte ersetzt werden. In diesem Zusammenhang stellte sich die grundlegende Frage, ob am Markt bereits neue, leistungsfähige Systeme verfügbar waren oder ob es erforderlich sein würde, eigene technische Lösungen zu entwickeln.
Im Zuge dieser Neuausrichtung wurden sowohl der Wirkungsgrad der vorhandenen Generatoren als auch deren Verbrauchswerte eingehend geprüft und bewertet. In weiterer Folge entschloss sich die Steirische Hagelabwehrgenossenschaft zur Zusammenarbeit mit der Firma Martin Reinisch, um gemeinsam eine neue Generation von Hagelbrennern zu konzipieren und zu realisieren.
Ein besonderes Augenmerk lag auf dem effizienten Einsatz von Silberiodid (AgI), das als Wirkstoff sehr kostspielig ist. Ziel war es daher, ein optimales Verhältnis zwischen Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Dabei sorgten insbesondere die von anderen Herstellern angegebenen Durchflussmengen ihrer Hagelbrenner für Verwunderung und wurden kritisch hinterfragt.
Bei den bisherigen Generatoren war es durchaus üblich, eine beeindruckende Flamme aus dem Brenner ragen zu sehen. Die visuelle Wirkung vermittelte den Eindruck einer funktionierenden Verbrennung – genaue Informationen über die tatsächlichen Temperaturen in der Brennkammer lagen jedoch nicht vor.
Nach umfangreichen Tests im Eiskanal wurde festgestellt, dass Silberiodid (AgI) bei einer Temperatur von exakt 1.196 °C die höchste Wirksamkeit entfaltet. Diese Erkenntnis machte die Entwicklung eines neuen Brenners notwendig – mit dem Ziel, die Temperatur in der Brennkammer präzise messen und konstant halten zu können. Darüber hinaus war eine vollständige Verbrennung der eingesetzten Substanzen zwingend erforderlich, um maximale Effektivität zu erreichen. Mit diesen Anforderungen beauftragten wir die Firma Reinisch, erste Testreihen zu entwickeln. Im Zuge dessen wurden wir eingeladen, die Effizienz von AgI bei verschiedenen Verbrennungstemperaturen direkt vor Ort in einer Versuchsstation zu beobachten.
Die Ergebnisse waren eindrucksvoll: Bei exakt 1.196 °C konnte die Anzahl der Kondensationskerne um das 22.000-fache gesteigert werden. Auch die physische Ausführung des Brenners – ein Doppelwandsystem mit einer Länge von 180 cm – überzeugte auf ganzer Linie.
Der „Neue Brenner“ war geboren.
Nach diesem Meilenstein stand die nächste Herausforderung an: geeignete Materialien zu finden, die sowohl hitzebeständig als auch gewichtsoptimiert sind – essenziell für den Einsatz in der Luftfahrt.
Die Zulassung des Brenners zur Flugzeugmontage erwies sich als ein langwieriger und anspruchsvoller Prozess. Die Dimensionen und das Gewicht des Systems stießen bei den Behörden zunächst auf Widerstand. Nach eineinhalb Jahren intensiver Abstimmungen und Prüfverfahren wurde schließlich die Genehmigung für den Einbau und die Erprobung am Flugzeug erteilt.
Die Flugtests zeigten deutlich, dass die Brennkammer-Temperatur stark von Fluggeschwindigkeit und Flughöhe beeinflusst wird – manuelle Steuerung war unter diesen Bedingungen kaum möglich. Aus diesem Grund wurde eine computergestützte Regelanlage entwickelt, die eine konstante Brennkammertemperatur sicherstellt.
Die Ergebnisse der Testphase bestätigten eine vollständige Verbrennung – nachweisbar durch den Einsatz eines hochpräzisen Temperatursensors. Eine Zahnkranzpumpe gewährleistet einen konstanten Einspritzdruck von 8 bar, während die Luftzufuhr über einen temperaturgesteuerten Luftmengenregler exakt reguliert wird. Selbst bei starkem Regen konnte der Brenner zuverlässig gezündet werden – die Flamme blieb stabil und erlosch nicht.
Nachdem sich im Lauf der Jahre auch beim neuen Generator Bereiche herauskristallisierten, die verbesserungswürdig waren, wie z.B. Verschleiss der Brennrohre durch die hohe Temperatur, Ablagerungen von Verbrennungsrückständen, Verstopfung der Einspritzdüsen und die durch die elektrisch verstellbare Einlasscheibe verzögerte Regelkurve, machte sich der neue Obmann auf die Suche nach jemandem, der zunächst die Materialstruktur des Brennrohres untersuchen und verbessern sollte (diese sind besonders teuer und mit langen Lieferzeiten belegt).
Einem besonders glücklichen Umstand ist es zu verdanken, dass eine alte Rechnung mit einem Firmenstempel gefunden wurde – die Firma Mosbacher aus Birkfeld war seinerzeit mit einem Teilaspekt der Konstruktion des Generators „Reinisch“ betraut gewesen – und nach einigen Gesprächen stellte sich heraus, dass Herr Franz Mosbacher nicht nur grosses Interesse , sondern auch das nötige Fachwissen und den Enthusiasmus mitbringt, um die nunmehr 3. Generation des Generators zu erfinden:
Die elektrische, temperaturgeregelte Luftmengensteuerung wurde durch eine mechanische, auf dem Einlass-Luftdruck basierende, federvorgespannte Regelung ersetzt, die wesentlich schneller und unempfindlicher ist. Die Mechanik der Brennkammer, des Temperatursensors, des Zündmechanismus und vor allem des jetzt luftgekühlten Doppelwand-Brennrohres wurde neu designt und mit Spezial-Stalblech ausgeführt. Auch die Aufhängung ist neu und jetzt kann mit einfachen Handgriffen das Brennrohr, der Temperaturfühler, die Einspritzdüse inspiziert bzw gegebenfalls getauscht werden.
Das Ergebnis spricht für sich: Keine Ablagerungen im Brennrohr, keine verstopften Düsen, eine weitgehend konstant hohe Verbrennungstemperatur und ein Brennrohr, das mehrere Saisonen ohne Durchbrennstellen läuft.
Parallel dazu hat Herr Hans Wenger, der auch schon beim Modell Reinisch die elektronische Steuerung der Anlage entwickelt hatte, in enger Zusammenarbeit mit Hrn Mosbacher die Abläufe des Startens, Vorglühens, des Brennvorgangs , Spülen der Einspritzdüse voll automatisiert. Der Pilot kann jetzt jederzeit den Seeding-Vorgang mit einem Schalter starten oder stoppen. Alle Ventile, die Glühkerze und die Pumpe, sowie die ‚Primer‘ Luftklappe werden über Temperatur- und Drucksensoren sowie einer optimierten Zeit-Matrix vollautomatisch gesteuert.
Ausserdem liefert Hrn Wenger’s System sämtliche für die Verbrennung wichtigen Daten an ein Computersystem, das diese Daten, wie auch Höhe, Geschwindigkeit, Luftdruck und Aussentemperatur in Echtzeit sammelt und bei entsprechendem Internet-Empfang im Flugzeug an unsere Bodenstation übermittelt, wo die Einsatzleitung hochqualifizierte Entscheidungen für Anweisungen an die Piloten treffen kann. Diese sogenannten Telemetriedaten werden in Folge auch von Fa. Mosbacher zur Fein-justierung bzw Weiterentwicklung des Generators verwendet. An einer KI-gestützten Auswertung der Daten zur besseren Vorhersage hagelträchtiger Gewitterzellen wird gearbeitet.